Nachgefragt | Endlich: Hartl ist raus!

Nachgefragt | Endlich: Hartl ist raus!

Nach einem Antrag der Stadtrats-CSU stimmte nach langem Zaudern auch die SPD für die Enfernung ihres Ex-Chefs aus den Aufsichtsrären/Stadtzeitung forderte Entlassung als Erste/Fraktionsvorsitzende der Grünen eierte herum/Sparkassen-Posten noch in der Schwebe

Endlich ist es soweit! Ex-SPD-Fraktionschef Norbert Hartl muss seine einträglichen Aufsichtsrats­posten bei der Regensburg SeniorenStift GmbH (RSG) und der Rewag räumen! Die Regensburger Stadtzeitung hatte immer wieder betont, dass der mutmaßliche Strippenzieher in der Korruptionsaffäre in diesen Gremien nicht mehr tragbar ist und ihn unmissverständlich aufgefordert zu verschwinden. Nach einem entsprechenden CSU-Antrag ist der Druck auf den mittlerweile fraktionslosen Hartl und die Sozialdemokraten offenbar zu groß geworden. Auf deren Ticket war der „Westentaschen-Napoleon“ in die Aufsichtsräte gezogen, der Finanzausschuss beschloss jetzt seinen Rauswurf! Bei der Stadtratssitzung im Oktober soll der vollzogen werden.

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Es war der 22. Tagesordnungspunkt in der Sitzung des Finanz- und Verwaltungsausschuss-Sitzung am 28. September: „Neubesetzung Aufsichtsräte; Neubesetzung Verbandsrat Zweckverband Sparkasse; Antrag der CSU-Stadtratsfraktion vom 07.09.2017“ stand da zu lesen. Die forderte, die Entsendung Hartls in diese Kontrollausschüsse zu widerrufen. Die Entscheidung fiel einstimmig - gegen den Krösus im Ehrenamt, der Jahrzehnte Zehntausende pro Jahr aus allerlei Pöstchen kassiert hatte. Allerdings gilt das vorerst nur für die RSG und die Rewag.

Im Klartext: Norbert Hartl musste gezwungen werden, sich aus den einträglichen städtischen Aufsichtsratsgremien zu verabschieden. Denn von sich aus machte er keinerlei derartige Anstalten. Und die CSU hatte jetzt genug von ihm: „Mittlerweile ist die Zurückhaltung passe, die Hartl vorübergehend an den Tag gelegt hat“, begründete Fraktionschef Josef Zimmermann den Antrag „Er spielt schon wieder den großen Wortführer, dieser Zustand ist einfach unerträglich!“

Zur Erinnerung: Im Zusammenhang mit der Bestechungsaffäre um den vom Dienst suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und Bauunternehmer Volker Tretzel (alle Hintergründe hierzu finden Sie online) hat die Staatsanwaltschaft auch Anklage gegen Hartl wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit des Rathauschefs und wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen erhoben.

Staatsanwalt: Großer Rabatt für Hartl, kleine Zinsen für Tretzel

Hartl soll zusammen mit Wolbergs die Ausschreibung zur Vergabe des Bauauftrages auf dem Areal der Nibelungenkaserne nach Absprache mit Tretzel auf diesen zugeschnitten haben und ihn letztendlich auch als erfolgreichen Bieter durchgesetzt haben. Im Gegenzug soll Hartl persönlich beim Kauf einer Wohnung am Galgenberg einen Rabatt von 55.000 Euro erhalten haben, zudem soll ihm ein weiterer Nachlass von 89.000 Euro beim Kauf einer weiteren Wohnung auf dem Kasernenareal in Aussicht gestellt worden sein.

Außerdem Teil der Anklage: die Vergabe eines 4,5-Millionen-Kredits an Tretzel zu 0,6 Prozent Zinsen und 0,5 Prozent Bearbeitungsgebühr durch die Sparkasse. Hartl sitzt dort noch immer im Verwaltungsrat, der suspendierte Wolbergs war Vorsitzender des Kredit- und Personalausschusses der Bank.

Zimmermann: „Es ist davon auszugehen, dass Stadtrat Norbert Hartl in die beklagten Vorwürfe involviert ist.“ Das habe auch der Stadtrat schon durch die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen Norbert Hartl in Höhe von 250 Euro (die Stadtzeitung berichtete) erkannt. „Vor diesem Hintergrund können beide Personen weder bei der Sparkasse noch bei anderen städtischen Gesellschaften mit einer Aufsichtsfunktion betraut bleiben“, so Zimmermann weiter.

Es gab genug Zeit für eine elegante Lösung

Deshalb hätte der frühere Lautsprecher der SPD die Posten von sich aus aufgeben sollen, für die er neben der 737,35 Euro Stadtratsentschädigung nochmal satt abkassierte (insgesamt weit über 2.000 Euro monatlich zusätzlich zur dicken Pension als Fernmeldeoberrat): den als Aufsichtsrat bei der Regensburg SeniorenStift gGmbH, den als Aufsichtsrat der REWAG und den als Verwaltungsrat bei der Sparkasse.

„Hartl hatte mehr als ein halbes Jahr Zeit“, sagt Zimmermann (im Januar kamen Wolbergs, Tretzel und ein früherer Tretzel-Mitarbeiter in U-Haft, zudem wurde bekannt, dass auch gegen Hartl ermittelt wird, Anm. d. Red.). „Diese Zeit haben wir ihm zugestanden und ihn nicht frontal angegriffen. Doch jetzt ist es gut. Er hatte von Februar bis September Gelegenheit, alles niederzulegen. Er hat es nicht getan. Das ist auch eine Frage des Stils.“

Komische Rolle der SPD

Doch nicht nur Hartl bewies in den letzten Monaten eher stilloses Verhalten. Auch die SPD muss sich fragen lassen, warum sie den aus der Fraktion ausgetretenen Mann so lange in den verschiedenen Gremien duldete. Gab es womöglich eine Absprache, nach der der „Westentaschen-Napoleon“ für seinen nach langem Zögern dann doch vorgenommenen Austritt aus der SPD-Fraktion und dem damit verbundenen Niederlegen des Fraktionsvorsitzes im Gegenzug die lukrativen Posten möglichst lange behalten durfte?

Der neue Fraktionschef Klaus Rappert hatte der Stadtzeitung nach dem oben angeführten Rücktritt light gestanden: „Die Partei ist der Ansicht, dass es keinen Anlass gibt, neben den bereits vollzogenen noch weitere Schritte von ihm zu fordern.“ Und danach in erfrischender Offenheit angefügt: „Wissen Sie, ich kann dabei ja nicht nur für mich alleine sprechen. Auch als Fraktionsvorsitzender muss ich manches schlucken.“

Das klang schon damals danach, als ob der neue Mann an der Spitze nicht unbedingt der ist, der die Marschrichtung vorgibt. Und bei der neuerlichen Nachfrage der Stadtzeitung wirkte Rappert ebenfalls alles andere als souverän. Als ihn die RSZ zu einer Stellungnahme zum CSU-Antrag auffordert, sagte er nur: „Ich möchte aus verschiedenen Gründen mit Ihnen nicht darüber sprechen.“ Welche das sind, wollte er nicht offenlegen.

Letztendlich aber musste die SPD eingestehen, dass Hartl nicht mehr tragbar war: Einen Tag vor der Sitzung und drei Wochen nach der CSU formulierte auch sie einen Antrag für den Finanzausschuss, mit dem sie die Abberufung Hartls forderte. Zimmermann: Wir mussten lange warten, aber nun hat auch die SPD die Zeichen der Zeit erkannt.“

Das Herumgeeiere der Grünen-Chefin

Vor der Sitzung hatte Margit Kunc, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, eigenartige Kommentare abgegeben. Der Stadtzeitung sagte sie, der CSU-Antrag enthalte ja „nichts Neues“, sei somit „ein alter Hut. Der Ball liegt bei Hartl oder der SPD. Es ist nun mal die Partei, die vorschlägt, wen sie in die Gremien schickt.“

Letzteres ist zweifellos richtig, gleichwohl kann sie ja eine Meinung zu Hartls langem Verharren in den Aufsichts- und Verwaltungsräten haben. „Wissen Sie, es gibt verschiedene Aussagen dazu, ob der Kredit der Sparkasse in Ordnung war. Und ich will mich nicht an irgendetwas beteiligen, ehe das nicht feststeht. Hartl muss selbst wissen, ob er in die politische Landschaft passt.“

Und passt er ihrer Ansicht nach hinein? „Ich bin keine moralische Instanz, die das beurteilt.“ Ob sie sich wohl auch so nichtssagend gegeben hätte, wenn Hartl Ex-Fraktionschef der CSU wäre?

FDP-Meierhofer sagt, was Sache ist

Doch nicht alle Koalitionäre der Regenbogenmehrheit im Rathaus waren so verschwiegen. Horst Meierhofer (FDP) fand es schon vor Wochen „absolut begrüßenswert, wenn Norbert Hartl nicht mehr in den Aufsichtsräten sitzen würde“ Der Liberale hätte sich aber gewünscht, „dass er sich freiwillig zurückziehen würde“.
Kassiert Wolbergs noch fünfstellig?

Der CSU-Antrag enthält aber noch weiteren Zündstoff: Demnach soll 2. Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer für den suspendierten Wolbergs in den Sparkassen-Verwaltungsrat nachrücken. Hintergrund ist nicht nur die Beteiligung Wolbergs‘ an der Kreditvergabe an Tretzel.

Zimmermann: „Wolbergs kassiert während seiner vorläufigen Suspendierung ja die Hälfte seiner Bezüge. Das gilt auch für seine Tätigkeit im Verwaltungsrat. Da muss er nichts an die Stadt abgeben und nach unseren Informationen dürfte die Hälfte der Entschädigung noch immer eine fünfstellige Summe im Jahr ausmachen.“
Das wären 10.000 Euro im Jahr fürs Nichtstun bei der Sparkasse, dazu nochmal das auf etwa 5.500 Euro im Monat gekürzte Salär fürs Nichtstun als suspendierter OB: Für Joachim Wolbergs lässt es sich derzeit gut leben. Und da kann man sich schon mal wie gegen Dynamo Dresden auf der VIP-Tribüne des SSV Jahn zeigen, bei dem ja einst Hartl, Tretzel und Wolbergs gemeinsam im Aufsichtsrat saßen.

Was passiert bei der Sparkasse?

Doch so eindeutig wie in den Aufsichtsräten der städtischen Tochtergesellschaften ist die Lage im Verwaltungsrat der Sparkasse nicht: Dort gibt es schlichtweg keine Regelung zur Abberufung der Mitglieder.

Deshalb wurde über diesen Punkt auch hinsichtlich Hartls Ausscheiden keine Entscheidung gefällt. Es soll noch eine Stellungnahme des Innenministeriums abgewartet werden, wie weiter verfahren werden kann.

Es gebe natürlich noch eine andere Lösung: „Selbstverständlich besteht immer noch die Möglichkeit eines freiwilligen Rückzugs von Herrn Hartl, damit wären alle Fragestellungen vom Tisch“, hofft die CSU-Sprecherin im Verwaltungsausschuss Dagmar Schmidl.

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Hartl: „Ja mei, Servus, scheena Tag!“

Doch darauf wird sie wohl lange warten können: Natürlich wollte die Stadtzeitung auch Norbert Hartl selbst zu Wort kommen lassen. Als sich der RSZ-Redakteur vor der entscheidenden Sitzung bei ihm meldet, sagt er nur: „Sie brauchen mich doch gar nicht anzurufen, da langt es mir doch schon wieder!“

Als der Stadtzeitungsmann entgegnet, Hartl wisse doch noch gar nicht, was er ihn fragen wolle, meint der kurz: „Was hätten S‘ na wissen wollen?“ Und als er erfährt, dass es um den CSU-Antrag geht, meint er nur lapidar: „ Ja mei, Servus, scheena Tag! Rufen S’ nicht mehr an!“

Der „Mittelbayerischen Zeitung“ sagte Hartl immerhin, dass es ihm egal sei, wenn er abberufen werde. Er sei sich keiner Schuld bewusst, deswegen werde er nicht freiwillig von irgendetwas zurücktreten. Unrechtsbewusstsein und Einsicht sehen wahrlich anders aus.

Hartl, Du hast keinen Charakter! Verschwinde! (Heinz Karl)

 


 

Die „Nachgefragt“-Reihe

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