Nachgefragt | Erhard Adler: Ein Mann und seine Welt

Nachgefragt | Erhard Adler: Ein Mann und seine Welt

Bildunterschrift: Merkurstraße: Planen verhindern einen noch hässlicheren Anblick.

 

Am 5. Juni 2019 eröffnet das Museum der Bayerischen Geschichte für die Öffentlichkeit. Ungeachtet seiner scheußlichen Fassade wird es Tausende von Touristen anziehen, die nach einem Streifzug durch weiß-blaue Jahrhunderte an der Uferpromenade in Richtung Dom, Wurstkuchl und Haidplatz pilgern. Ihr Weg wird sie vorbei an einem Haus mit gelblicher Fassade führen. Direkt an der Flaniermeile entlang der Donau steht das Gebäude, das seit Jahrzehnten verkommt. Rußspuren zwischen den Stockwerken zeugen von mehreren Bränden, Planen verhindern den Blick auf Müll, Gerümpel und Bauschutt. Das Adler-Haus an der Ecke Thundorferstraße/Lindnergasse darf immer mehr verfallen.

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Ein Stadtzeitungsleser schrieb vom größten Schandfleck Regensburgs, der wegen eines „Verrückten“ nicht beseitigt werde und dass die Stadt nun endlich was dagegen tun solle. In der Tat könnte Erhard Adler (70), der eigentliche Eigentümer der Schrottimmobilie, bisweilen den Eindruck erwecken, er sei nicht ganz bei Trost. Immer wieder verrennt er sich in Aussagen über Freimaurer, „bei denen die Bürgermeisterin nackert auf dem Altar tanzt“, über „die Kasperln bei der Stadt und ihre Intrigen“. Behauptet, er sei es gewesen, „der den Wolbergs abgeschossen hat. Und die ganzen Stadträte, denen ich die Steuerfahndung geschickt habe.“

Ein anderer Leser hingegen meint, es sei eben genau die Stadt gewesen, die Adler so sehr zugesetzt habe, dass er „möglicherweise jetzt in seiner Welt“ lebt. Die Stadtzeitung forscht nach – und  gewinnt den Eindruck, es könne in einer unendlichen Geschichte neben vielen wahrscheinlichen Irrungen des Mannes von der Regenbrücke vor allem um Konflikteskalation und gegenseitige Revancheakte gehen.

Adler-Bahn als Ursache eines Dauerstreits

Rückblick, Ende des letzten Jahrhunderts: In den neunziger Jahren war Erhard Adler im Prinzip ein gemachter Mann, ein G‘spickter. Er war Dultbrezenbäcker, verkaufte Stollen, Gebäck und Glühwein auf dem Christkindlmarkt. Führte das Strandcafé am Guggenberger, das Donau-Café und vermietete seine Hüpfburgen. „16 G’schäfter hab ich gehabt“, sagt er der Stadtzeitung. Die bescherten ihm ein Einkommen, mit dem es sich sehr gut hätte leben lassen können. Und dann hatte Adler die Idee mit dieser Bimmelbahn.

Einen mit grünem Blech verkleideten und so passend zum Namen an den legendären „Adler“-Zug (Deutschlands erste Eisenbahn, fuhr 1835 von Nürnberg nach Fürth) erinnernden Traktor versah er mit zwei Waggons. Eine simple wie einträgliche Geschäftsidee: Für 9,99 Mark kutschierte Adler Touristen mit seiner „Königlich-Bayerischen Dampfeisenbahn“  durch die Stadt.

Rund zehn Jahre lief die Konzession, 2004 wurde sie wegen „mangelnder Zuverlässigkeit“ entzogen. Eine Sprecherin der Stadt: „Grund dafür war die Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers. Es lagen zahlreiche Verkehrsverstöße, Beleidigungsanzeigen und Beschwerden von Fahrgästen vor.“

Gemunkelt wurde aber auch von einem Racheakt der Stadt: Adler lag mit ihr im Streit. Sie hatte ihm zunächst für den Um- und Ausbau seines Hauses an der Ecke Lindnergasse/Thundorferstraße keine Genehmigung erteilt, außerdem war sie von dem als Zug verkleideten Traktor nicht begeistert, konnte die Bahn aber nicht verhindern.

Adler vergaß das nicht. Er startete eine beispiellose, vor Rechtschreibfehlern strotzende und gewiss nicht billige Anzeigenserie. Bürgermeister, Dezernenten und unliebsame Journalisten, die auf seinen Regensburg-Touren haarsträubende Geschichten vernommen und darüber berichtet hatten, wurden Opfer grandioser Schimpftiraden, was ihm die Verurteilung zu einer Geldbuße einbrachte.

Parkuhren direkt vor der Nase

Jetzt nahm die Sache mit der Bahn erst richtig Fahrt auf: An der Thundorferstraße hatte Adler seinen Betriebsbahnhof einrichten wollen. Wo er einst das „Donau-Café“ angesiedelt hatte, sollte es einen Bahnhof geben, mit Fahrkartenschalter, dem Start für Zug, einfachem und Doppeldeckerbus sowie dem Souvenirverkauf mit Nippes rund um Bahn und Stadt.

Als die Stadt den Bau nach einigem Hin und Her doch genehmigte, wollte ihn der Dampfeisenbahndirektor nicht mehr. Denn die Stadt hatte vor dem geplanten Bahnhof Parkuhren aufstellen lassen. An- und Abfahrt waren somit erheblich erschwert. Und: Adler behauptet – was die Stadt vehement bestreitet –, bei der Baugenehmigung seien Unterlagen gefälscht, andere ganz vernichtet worden.

Der Dampfbahnmann jedenfalls schnaubte, sprach von „Existenzvernichtung“, stellte Mahnbescheide gegen 17 Stadträte über jeweils 5.000 Mark aus und wollte von der Stadt zwei Millionen Mark Schadenersatz, vom damaligen Regierungspräsident Wilhelm Weidinger immerhin noch eine Million. Zudem protestierte Adler mit einem großflächigen Transparent am von ihm selbst nicht mehr gewollten Busbahnhof. 1995 erhielt er nach eigener Aussage nach 25 Jahren keine Genehmigung mehr für seinen Stand am Christkindlmarkt. Die Stadt sagt, er habe sich schlichtweg nicht mehr beworben – auch für die Dult nicht. Die Bahn fuhr aber erstmal weiter.

Brand, Obdachlose, Ratten

Natürlich nicht geräuschlos, sie wurde von Gerichtsgeschichten und Plakaten an der Häuserfront begleitet. Dann kam die Sache mit dem Entzug der Betriebsgenehmigung. Fortan verrotteten Bahn und Busse vor dem Anwesen.

Bis zum 29. Juni 2007. Da brannte das Adler-Haus zum ersten Mal. Der Doppeldecker war zerstört, der andere Bus auch, Fassade und Zug in Mitleidenschaft gezogen. Brandstiftung, so wurde gemutmaßt, der Täter nie ermittelt. Die Fassade war vom Ruß gekennzeichnet, doch Adler unternahm nichts. „Inzwischen habe ich sieben Brandanschläge gehabt“, behauptet er.

Penner und Ratten nahmen das Gebäude in Beschlag, Fensterscheiben wurden eingeworfen, im frei zugänglichen Untergeschoß lagerten Schutt und Unrat. Da drohte ihm die Stadt Zwangsmaßnahmen an. Er legte lieber selber Hand an, spritzte sein Haus, baute Fenster ein, stellte Bauzäune mit Planen auf. Doch es brannte wieder. Und diesmal unternahm Adler nichts mehr. Die Fassade ist rußgeschwärzt, der Putz bröckelt, die gewiss nicht ansehnlichen blauen Planen verhindern einen noch hässlicheren Anblick.

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Adler: „Das bleibt in 100 Jahren so“

Die Stadt kann nichts dagegen tun. Die Sprecherin: „Solange er nicht gegen Sicherheitsbestimmungen verstößt, können wir nichts machen.“

Doch warum verkauft Adler die Bruchbude samt 276-Quadratmeter-Grundstück in bester Lage nicht? „Weil da mit den fehlenden Unterlagen keiner bauen kann. Bei den Stellplätzen haben sie auch getrickst.“ Ein Interessent sei schon mit 1,6 Millionen im Geldkoffer bei ihm aufgetaucht, „aber das geht ja nicht.“ Auch ein Stadtrat habe ihm vor Jahrzehnten 300.000 Mark geboten, aber der sei an einem Stadtrundfahrtskonkurrenten beteiligt. „An dem Haus passiert nichts. Das bleibt noch in 100 Jahren so. Ich mach nix mehr, ich gehe in Ruhe schön spazieren.“

Fertig hätten sie ihn machen wollen bei der Stadt. „Der Adler muss vernichtet werden, hat einer gesagt. Aber ich habe überlebt. Ich vertrete das Gesetz. Jeder, der mich angreift, kriegt die Steuerfahndung vorbeigeschickt.“ Irgendwie lebt Erhard Adler wohl doch in seiner Welt. In der ist Platz für neuerliche Rache an der Stadt, indem er ihr Ansehen mit seinem Gammelhaus beeinträchtigt. Und falls doch jemand Interesse hat. Für 5.400 Euro im Monat könnte man das ganze Haus auch mieten. (ssm)

 

Adler 1

So zeigt sich das Haus an der Thundorferstraße derzeit. Brandspuren werden nicht beseitigt, das Gebäude verfällt.

 


Die „Nachgefragt“-Reihe

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  • gepostet am: Samstag, 01. Juni 2019

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