
Nachgefragt | Erich Gohl: Was schiefgeht, hängt nicht
Bildunterschrift: Erich Gohl: Sylvester in Miami. 2000er, Mixed Media auf Baumwolle.
Der erste Glücksmoment kommt mit dem ersten Entwurf. Dann aber beginnt das Durchbeißen. „Das Weiß in den Pupillen muss ganz zum Schluss kommen“, sagt er. Erst dann ist das Werk vollbracht. An seinem Bild „Sylvester in Miami“ hat er etwa ein ganzes Jahr gearbeitet: Der Entwurf war da, aber keine Ahnung, wie die Farbe werden soll. Auf die Frage, ob er perfektionistisch veranlagt sei, antwortet er: „Ja.“ Insofern sind auch alle Bilder, die in seinen Ausstellungen hängen, seine Lieblingsbilder. „Was schiefgeht, hängt nicht.“
Die Stadt gängelt
Und obwohl in der Galerie im Leeren Beutel inklusive Zeichnungen weit über Tausend Bilder hängen, gibt es natürlich auch welche, die er zu Hause lässt. „Selbstzensur“ nennt er es. Denn er hatte schon zwei Anzeigen wegen Blasphemie hinter sich, die aber an der Freiheit der Kunst abgeprallt sind. Bei einer Ausstellung in Kassel wurde ihm sogar der Abbau seiner Ausstellung nahegelegt – das hat er dann auch gemacht. Seitdem bleiben diese Werke gut verpackt. Und auch in Regensburg kommt es beinahe zum Eklat: Es geht um den Bildzyklus eines gehbehinderten Sintimädchens, das neue Schuhe braucht.
© Erich Gohl (Foto: Lukas N. Wuttke)
Um an die Schuhe zu kommen, wird es in verschiedenen Instanzen sexuell genötigt. Ist die Darstellung in Kreisen jüngerer Generationen nicht der Rede wert, erregt sie bei älteren Menschen großen Anstoß. Die Rechtsabteilung der Stadt sorgte für den Skandal: Der Begleitband zur Ausstellung „Veitstanz“ mit Bildern und Texten von Erich Gohl musste ohne den Sintimädchen-Zyklus abgedruckt werden. Auch der Druck auf die Ausstellung wurde größer: Sie sollte erst ab 18 Jahren zugänglich sein. Gohl will die Ausstellung absagen, spricht von „einer absoluten Gängelung von Seiten der Beamtenschaft“. Doch als der Jugendschutzbeauftragte der Stadt dann eintrifft, wird die Ausstellung als unbedenklich eingestuft. Jetzt dürfen sogar Kinder unter 12 Jahren in Begleitung der Eltern eintreten.
Mehr Zeit für die Kunst

Kunst und Geld

Gohls Humor
Je länger das Gespräch mit dem Künstler dauert, desto mehr wacht er auf und desto stärker wird der bayerische Akzent. „Es ist ein Problem, dass die Kunst zu ernst genommen wird“, sagt er. „Deshalb sind in meinen Bildern wahnsinnig viele Gags, die muss man aber erst entdecken.“ In einem seiner Bilder etwa sind vier Striche zu sehen: Ein gerader, ein welliger Strich und noch ein welliger und ein gerader Strich. „Der nüchterne und betrunkene Künstler, der nüchterne und betrunkene Alkoholiker“, sagt er und schmunzelt. In einem Bild hat er übrigens absichtlich sechs Finger und sechs Zehen gemalt. Das sei bisher noch keinem Menschen aufgefallen. Vielleicht fällt es ja noch jemandem auf. Die Ausstellung ist noch bis zum 17.11. geöffnet. (lnw)
Die „Nachgefragt“-Reihe
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- 26.09. Angstraum Regensburger Bahnhof?
- 20.09. Regensburger Vergewaltiger bleibt auf freiem Fuß – wurde er jetzt von aufgebrachten Bürgern verprügelt?
- 15.09. Bayern vor der Schicksalswahl – die Regensburger Direktkandidaten und ihre Positionen
- 05.09. Regensburg drangsaliert Wirtshäuser – Ausschankstopp für Kneitinger „Unter den Linden“
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- 25.08. Straftat in Kreis Kelheim – Täternationalität verschwiegen?
- 18.08. Selbstzensur bei der Polizei? Täternationalität wird verschwiegen
- 09.08. Das Staatsgeheimnis: Knapp 280.000 ausreisepflichtige Migranten in Deutschland – was kosten die eigentlich?
- 08.08. Nicht mal fünf Euro für drei Mahlzeiten? – Der Verpflegungsskandal in den Altenheimen
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- 22.05. Auflösung: Was zum Teufel ist das für ein Stollen? (Regensburger Unterwelten)
- 08.05. Was zum Teufel ist das für ein Stollen? (Regensburger Unterwelten)
- 02.05. Schmierer-Welterbestadt Regensburg?
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- 24.01. Martyrium für den Denkmalschutz? Prof. Egon Greipl vom Bayerischen Staat in den Ruin getrieben
- 24.01. Grüne fallen um, Containerdepot ist auf dem Weg
- 24.01. Nach Insiderinfo: Grüne stehen mal wieder vorm Umfallen
- 22.01. Kippt Projekt Containerdepot? CSU will Anwohner und Natur vor Flächenfraß schützen
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- 26.10. Ist zerstörte Natur zu ersetzen? (Flächenfraß in Regensburg, Teil III/III)
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- 23.09. Wolfgang Haarer: Rock ʼnʼ Roll und Eskapaden
- 23.09. Baumkiller „Sportpark Ost“? (Flächenfraß in Regensburg, Teil II/III)
- 19.09. Containerdepot der Bahn sorgt für Protest (Flächenfraß in Regensburg, Teil I/III)
- 13.09. Kunst darf alles – in Regensburg nicht?
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- Endlich Wahlen! – die Kommunalwahl in Regensburg
- Der Bürger will mitreden (Bürger, wehrt Euch!, Teil VI)
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- Erich Gohl: Was schiefgeht, hängt nicht
- Gehört die Stadt den Radl-Rambos? (Bürger, wehrt Euch!, Teil V)
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- Die Stadt mal wieder voll daneben (Bürger, wehrt Euch!, Teil IV)
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Nachgefragt:
- Dauerkarte I: Der Dauergast: Joachim Wolbergs (Korruptionsaffäre)
- Dauerkarte II: Der Abkassierer: Norbert Hartl
- Dauerkarte III: Unger, Unger immer wieder Unger!
- Die Baumpaten und das ökologische Bewusstsein der Stadtzeitung (RKK)
Die RSZ feiert 35-Jähriges! Mehr Artikel aus der Jubiläumsausgabe hier und nachfolgend:
- 1984
- Beamte, Busen, Paragraphen
- Die Goldgräberstimmung
- Schöne und nackte Mädchen
- Kurioses aus dem Anzeigenverkauf
- Der Kunde, der nie mehr kam
- Dauerkarte I: Der Dauergast: Joachim Wolbergs (Korruptionsaffäre)
- Dauerkarte II: Der Abkassierer: Norbert Hartl
- Peter K. und sein geheimnisvolles Buch
- Konservativ und unkonventionell
- Serie I: Regensburg – wie wir wurden, was wir sind
- Serie II: Besondere Plätze in Regensburg
- Das Scharfgericht für die Wirte
- Anekdoten aus 35 Jahren Regensburger Stadtzeitung
- Die Baumpaten und das ökologische Bewusstsein der Stadtzeitung (RKK)
- Serie III: Wie aus einer anderen Zeit
- Die Maulhelden und ihre Bücher
- Serie IV: In aller Herren Länder
- Serie V: Der Jahn von unten
- Die großartige Fußballkarriere der Stadtzeitung
- Die Stadtzeitung im Osten
- Der Mann, aus dem was wurde: Ulrich Lechte
- Die Frau, aus der was wurde: Juliette Greco
- Best-of Profile & Parolen
- Dauerkarte III: Unger, Unger immer wieder Unger!
- In & Out: Rückblick
- Der Veranstaltungsservice: Alles begann mit dem Bürgerfest
- Derblecken à la Regensburg
- Als der Papst kam
- Vom Sommerfest zum Truthahnfest
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- Wirbel um neue Taxi-App (Bürger, wehrt Euch!, Teil III)
- Außen pfui, innen – naja
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- Zwischen Knast und Freispruch (Korruptionsaffäre)
- Und sie schämen sich doch! (Bürger, wehrt Euch!, Teil II)
- Ein Mann und seine Welt
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- Nach Pleiten, Pech und Pannen: Showdown im Wolbergs-Prozess (Korruptionsaffäre)
- Grün kaputt in Kumpfmühl (Bürger, wehrt Euch!, Teil I)
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- Der gebrochene Mann (Korruptionsaffäre)
- Faule Tricks mit unseren Bäumen – kommt Stadthalle über die Hintertür? (RKK)
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- Gewogen und für zu leicht befunden? (Korruptionsaffäre)
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- Der Artikel, der bundesweit Wellen schlägt: Was ist los bei der Staatsanwaltschaft? (Korruptionsaffäre)
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- gepostet am: Donnerstag, 31. Oktober 2019