Bürger, wehrt Euch! | Grün kaputt in Kumpfmühl

Bürger, wehrt Euch! | Grün kaputt in Kumpfmühl

Bildunterschrift: Merkurstraße: Von einem schönen Kleinbiotop …

 

„Ein kleines Natur-, Vogel- und Bienenparadies [wurde] zerstört“, schreibt unsere Leserin. Die Antworten der Stadt sind mehr schlecht als recht. Im Rahmen der Aktion „Bürger, wehrt Euch!“ sind wir der Sache auf den Grund gegangen. Teil I der Serie.

In der Merkurstraße ist alles ruhig. Die Sträucher und Bäume stehen hoch und schattenspendend auf dem Gelände der Eigentumswohnungsanlage 14–24. Vögel nisten dort ungestört, Bienen und Hummeln weiden sich bis in den Herbst an den Blüten. Doch dann passiert etwas: Männer mit Motorsägen und Baggern rücken im Oktober 2018 an, um die Grünanlage zu roden. Brigitte L., eine der Eigentümerinnen, ist schockiert. Aufgebracht wendet sie sich sofort an das Umweltamt. Das kommt auch. Rettet noch einen Baum.

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„Ein kleines Natur-, Vogel- und Bienenparadies [wurde] zerstört“, schreibt sie, „ein riesiger mindestens 40 Jahre alter Goldwacholder […] gefällt“. Auch ein „Quittenbaum, Sträucher, Vogelgehölze, Hortensien, Wacholder, Stauden und vieles mehr“ wurden entwurzelt. Die Hausverwaltung nennt ihr als Grund eine angebliche Verordnung der Feuerwehr.

Frau L. forscht bei der Stadt nach, schreibt ihr Briefe. Gibt es überhaupt so eine Verordnung? Wenn ja, welchen Sinn soll sie an besagter Stelle überhaupt haben? Von der Stadt erhält sie keine Reaktionen. Erst, als sie sich hilfesuchend an die Bürgermeisterin wendet, wird die Behörde aktiv – und antwortet ihr auf ihre konkreten Fragen mit Gemeinplätzen.

Zwischenzeitlich werden weitere Flecken Grün in der Anlage gerodet und mit Gittersteinen gepflastert. Auch hier die lapidare Begründung der Hausverwaltung: Auflagen der Feuerwehr. Frau L. ist empört. Noch immer zeigt die Stadt kein Interesse an den Vorgängen.

Jetzt wendet sich Frau L. an die Regensburger Stadtzeitung. Ortstermin. Der Stadtzeitungsredakteur findet dort, wo auf Fotos noch ein blühendes Biotop zu sehen ist, nur eine kahle Öde. Die Stadtzeitung fragt bei der städtischen Pressestelle nach: „Widerspricht diese Aktion nicht der städtischen Baumschutzverordnung?“, „Warum dauert es so lange, bis sich ein Amt eines Bürgers annimmt?“, „Warum schreitet die Stadt nicht ein, warum dieses offensichtliche Desinteresse?“

Die Antwort dauert (19 Tage) und bleibt dünn: „Zu Stellflächen für tragbare Leitern gibt es lediglich die Forderung, dass diese eine bestimmte Fläche aufweisen, einen sicheren Stand bieten und waagrecht sein müssen. Wie genau diese Forderung umgesetzt wird, ist dem Eigentümer überlassen.“ Frau L. habe „von all den angeschriebenen Ämtern zeitnah und wiederholt eine ausführliche Antwort erhalten“. Damit will sich die Stadtzeitung nicht zufrieden geben, stellt die unbeantworteten Fragen nochmal. Diesmal kommt die Antwort schneller (1 Tag): „Die zuständige Ansprechpartnerin [ist] erst ab Montag wieder erreichbar.“ Aber: Montags ist sie „nur bedingt erreichbar, da sie permanent in Terminen gebunden ist. Wir werden das zeitlich daher nicht schaffen.“

Was bleibt? Viele offene Fragen, eine frustrierte Bürgerin und Grün kaputt auf Basis einer Verordnung, die es gar nicht gibt. Bürgernähe und Bienenretten geht anders! (lnw)

12 Eibe nachher

© Lukas N. Wuttke
… bleibt nur eine traurige Eibe.

 

Im Stich gelassen
Kommentar von Lukas N. Wuttke

In der Merkurstraße zogen die Bagger aus dem Boden, was die Sägen übrig ließen. Bienenweiden, Hummelnester, Vogelbrutstätten – alles kaputt. Das kleine Gartenbiotop einer Vorschrift geopfert, die es nicht gibt.
Aber auf Hilfe wartet der aufmerksame Bürger vergeblich, läuft in die Sackgasse des städtischen Kompetenzirrgartens. Wir fragen uns: Was ist los in dieser Stadt? Ist sie inzwischen so führungslos, dass die Kommunikation mit seinen eigenen Bürgern nur schlecht bis gar nicht funktioniert? Schüler gehen auf die Straße gegen den Klimawandel. Stadtzeitungsleser kämpfen um den Erhalt von wertvollen Alleebäumen und in der Zwischenzeit werden Tag für Tag wertvolle große und kleinteilige Grünflächen im Stadtgebiet vernichtet, ohne dass die Stadt dagegen einschreitet. Und sie lässt Bürger, die dies verhindern wollen, offenbar kläglich im Stich.

Haben Sie ähnliche Erfahrungen? Schreiben Sie uns (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder über das Kontaktformular). Zahlreiche Zuschriften erreichen uns. „Grün kaputt“ ist offenbar eine Zeitgeisterscheinung in Regensburg. Exemplarische Leserreaktionen werden untenstehend aufgeführt.

Teil I der Serie „Bürger, wehrt Euch!“

 

Leserbriefe

Zuschrift von Nobert Schneider, Regensburg

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin sehr froh, dass Sie unsinniges Tun/Unterlassen der Regensburger Stadtverwaltung/-regierung publik machen und den Bürgern ein Forum bieten, auf Dergleichen hinzuweisen.

Ich fürchte allerdings, dass es in dem geschilderten Fall (Merkurstraße) ein Beschluss der WEG war, den die Hausverwaltung exekutierte.

Was will die Stadt da machen ?

Unabhängig davon:

Das Gartenbauamt/Tiefbauamt entblödet sich nicht, städtische Grünflächen im Außenbereich (hier Großprüfening/Dechbetten) regelmäßig abzumähen und auch noch auf Feldwege (!) auszuschwärmen, um diese "geh/-fahrbar" zu erhalten. Also richtig ins landwirtschaftlich bewirtschaftete Gelände hinein.

Brennnesselflächen entlang des Klosterackerweges werden gemäht. Unter Inkaufnahme der Verletzung der Rinden der darin stehenden Bäume. Zugegeben: Ich weiß nicht, ob es einen gärtnerischen Sinn macht.

Auf demselben Weg ist seit Jahren die Straßenbeleuchtung ausgefallen. Meine diesbezügliche Anfrage wurde dahingehend beantwortet, dass der Benutzer einen - beleuchteten - Umweg nehmen könne.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Bahnlinie Regensburg-Ingolstadt verläuft vom Prüfeninger Schloss aus ein hell beleuchteter Weg (mit Lichteffekten !) in Richtung Donaufähre. D.h. parallel zum Fährenweg, der in diesem Fall "umweglos" benutzt werden könnte.

Boomtown vs. Schildbörger-City ?

Weil ich schon in Fahrt bin.

Entlang des Fährenweges - also von der Straße Großprüfening aus - baut die Bahn eine Lärmschutzwand, die - offensichtlich auf Initiative eines Grünen - das Landschaftsbild verschandelt.

Ohne Not: Es fährt maximal 1 Güterzug in der Stunde. Die ansonsten fahrenden Agilis-Züge sind akustisch unauffällig und sofort wieder weg.

Leider wurde der Stadtrat Axel Reutter (CSU), der sich seinerzeit moderierend zwischen DB und Stadt bewegte, nicht wiedergewählt.

Herzlich !
Norbert Schneider

 

PS Bleiben Sie den Regensburg-Verschandlern auf der Spur !

Zuschrift von Herbert Will, Regensburg

Guten Tag,

nicht nur das „Amt“ sondern auch Bürger in Kumpfmühl killen Bäume, wenn es den eigenen Interessen dient.
Wo: Augsburger Str. / Ecke Holzgartenweg.
Foto beigefügt.

Mit freundlichem Gruß, Herbert Will

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