
Nachgefragt | Ohne sie müssten im Theater alle stehen
„Musis faventibus“, der Kunst zugetan, so steht es in Großbuchstaben über dem Theater am Bismarckplatz. Und der Kunst zugetan sind auch die Theaterfreunde, 450 bis 500 gibt es von ihnen. Mit ihrer Mitgliedschaft im Verein (kostet 70 Euro im Jahr für Paare, verheiratet wie unverheiratet, gemischt wie gleichgeschlechtlich, und 40 Euro für Singles) unterstützen sie seit 1989 das Theater. Rund 600.000 Euro haben sie in den letzten drei Jahrzehnten zur Verfügung gestellt.
Damit sollen unter anderem Kontakte zwischen den Künstlern und dem Publikum gepflegt, aber auch ungewöhnliche Projekte verwirklicht werden können. „Wir laden die Künstler nach unseren Matinéen immer wieder zum Essen ein“, sagt Michalke, im Brotberuf Leiterin des Bürgerbüros Mitte. Das gebe es in ganz Deutschland sonst nirgendwo. „Am Theater arbeiten 328 Menschen aus 28 Nationen. Das gilt es zu unterstützen.“ Etwa auch dadurch, dass internationale Künstler einen Deutschkurs spendiert bekommen.
So entstehen Freundschaften. Michalke: „Auch wenn die Künstler wieder gehen, tragen sie ein Stück Regensburg in ihren Herzen und kehren gerne zurück.“
Plácido Domingo staunte
Israel Gursky, in Tel Aviv geborener und mittlerweile in Bremen engagierter früherer Zweiter Kapellmeister in Regensburg (2014 bis 2017) hatte die Theaterfreunde sehr ins Herz geschlossen. Als er bei den Schlossfestspielen bei Plácido Domingos Auftritt dirigiert hatte, rief er nach dem Konzert den Tenor von Weltruf zu sich.
Mit den Worten „Plácido, das ist Uschi. Sie ist das Maß aller Dinge“, stellte er dem Spanier die Chefin der Theaterfreunde vor – und schwärmte von der Herzlichkeit des Vereins. Und der Plácido – er staunte. „Die Künstler und wir“, sagt Michalke, „wir sind einfach eine große Familie.“ Und das ist nicht nur so dahingesagt: Michalke ist Patentante des Sohnes von Omar Andrés Jara, dem Tenor, der mittlerweile am Gran Teatro del Liceo in Barcelona singt.
Nach dem Förderpreis kam der Ruhm
Die Theaterfreunde sind der größte Kulturförderverein zwischen Prag, Nürnberg und München. Ihre höchste Fördersumme ging 1994 an das große Haus, als das 1804 von Kurfürst Carl Theodor von Dalberg gegründete und 1849 abgebrannte Theater umgebaut wurde und die Theaterfreunde eine Viertelmillion Euro für die Bestuhlung locker machten. 2007 waren es nochmal 50.000 Euro für die Bestuhlung des Theaters am Haidplatz.
Die Theaterfreunde verleihen jährlich den mit 1.000 Euro dotierten Förderpreis (ging u. a. an die große Schauspielerin Renate Hünlich, an Schauspieler Michael Heuberger, die berühmte Opernsängerin Sally du Randt, den Dirigenten Rudolf Piehlmayer, der in Regensburg begann und Weltruhm erlangen sollte), sie veranstalten Konzerte, Vorträge, Lesungen, den Künstlerball und regelmäßige Stammtische.
Besonders das Junge Theater wird gefördert
Für das Junge Theater wurde 2014 eine mobile Tribüne angeschafft, seit 2008 wurden die dortigen Produktionen mit insgesamt 50.000 Euro gefördert. Auch für die Spielzeit 2019/2020 sollen wieder 5.000 Euro für zwei Uraufführungen ans Junge Theater fließen. „Die Jungen sind die Zukunft des Theaters, sie müssen wir an die Bühnen heranführen und begeistern“, weiß Michalke. Deshalb ist sie auch froh, dass es noch immer Stehplätze im Theater gibt. „Die kosten 6 Euro, ich bin mir mit dem Intendanten einig, dass die bleiben sollen.“ Die 58-Jährige freut es, dass die Vorstellungen des Jungen Theaters oft genug ausverkauft sind.
Michalke selbst besucht rund 100 Mal im Jahr Aufführungen. „Ich habe damals mein Schülerabo abgeschlossen und seither nie aufgehört, ins Theater zu gehen.“ Mit ihren Mitstreitern unternimmt sie auch immer wieder Reisen etwa zum Gärtnerplatztheater in München, nach Berlin oder nach Graz. In Regensburg hat sie ihre eigene Loge. „Die Nummer 11, rechts im 1. Rang.“ Von dort aus sieht sie jede Premiere. Und neben den geliebten Verdi-Opern gerne auch Wagner.
Fördern statt fordern
Seit ihrem Bestehen hatten die Theaterfreunde zu allen bisherigen Intendanten – Marie-Theres List, Ernö Weil und Jens Neundorff zu Enzberg – ein gutes Verhältnis. „Wir haben uns mit allen blendend verstanden“, sagt Michalke. Was sicher auch daran liegt, dass sich die Theaterfreunde nie in Produktionen eingemischt haben. „Wir wissen, dass manches nicht unumstritten ist. Doch bei der Personalpolitik oder beim Spielplan haben wir nie irgendjemand dreinreden wollen. Unsere Devise lautet ‚Fördern statt Fordern‘, wir wollen unterstützen, nicht meckern.“
Festkonzert zum 30. Geburtstag
Heuer feiern die Theaterfreunde ihr 30-jähriges Bestehen. Sie tun das mit einem Festkonzert am 12. Oktober 2019 im Neuhaussaal. Unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Chin-Chao Lin werden die Philharmoniker spielen und Künstler des Stadttheaters auftreten. Karten gibt es ab 1. Juli 2019 an der Theaterkasse.
Viele ehemalige Mitglieder des Ensembles haben ihr Kommen bereits zugesichert. Sie haben eben nicht vergessen, wie warm sie in der Stadt von den Theaterfreunden empfangen worden waren. (ssm)
Die „Nachgefragt“-Reihe
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- 22.05. Auflösung: Was zum Teufel ist das für ein Stollen? (Regensburger Unterwelten)
- 08.05. Was zum Teufel ist das für ein Stollen? (Regensburger Unterwelten)
- 02.05. Schmierer-Welterbestadt Regensburg?
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- 24.01. Martyrium für den Denkmalschutz? Prof. Egon Greipl vom Bayerischen Staat in den Ruin getrieben
- 24.01. Grüne fallen um, Containerdepot ist auf dem Weg
- 24.01. Nach Insiderinfo: Grüne stehen mal wieder vorm Umfallen
- 22.01. Kippt Projekt Containerdepot? CSU will Anwohner und Natur vor Flächenfraß schützen
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- 26.10. Ist zerstörte Natur zu ersetzen? (Flächenfraß in Regensburg, Teil III/III)
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- 23.09. Wolfgang Haarer: Rock ʼnʼ Roll und Eskapaden
- 23.09. Baumkiller „Sportpark Ost“? (Flächenfraß in Regensburg, Teil II/III)
- 19.09. Containerdepot der Bahn sorgt für Protest (Flächenfraß in Regensburg, Teil I/III)
- 13.09. Kunst darf alles – in Regensburg nicht?
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- Endlich Wahlen! – die Kommunalwahl in Regensburg
- Der Bürger will mitreden (Bürger, wehrt Euch!, Teil VI)
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- Erich Gohl: Was schiefgeht, hängt nicht
- Gehört die Stadt den Radl-Rambos? (Bürger, wehrt Euch!, Teil V)
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- Die Stadt mal wieder voll daneben (Bürger, wehrt Euch!, Teil IV)
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Nachgefragt:
- Dauerkarte I: Der Dauergast: Joachim Wolbergs (Korruptionsaffäre)
- Dauerkarte II: Der Abkassierer: Norbert Hartl
- Dauerkarte III: Unger, Unger immer wieder Unger!
- Die Baumpaten und das ökologische Bewusstsein der Stadtzeitung (RKK)
Die RSZ feiert 35-Jähriges! Mehr Artikel aus der Jubiläumsausgabe hier und nachfolgend:
- 1984
- Beamte, Busen, Paragraphen
- Die Goldgräberstimmung
- Schöne und nackte Mädchen
- Kurioses aus dem Anzeigenverkauf
- Der Kunde, der nie mehr kam
- Dauerkarte I: Der Dauergast: Joachim Wolbergs (Korruptionsaffäre)
- Dauerkarte II: Der Abkassierer: Norbert Hartl
- Peter K. und sein geheimnisvolles Buch
- Konservativ und unkonventionell
- Serie I: Regensburg – wie wir wurden, was wir sind
- Serie II: Besondere Plätze in Regensburg
- Das Scharfgericht für die Wirte
- Anekdoten aus 35 Jahren Regensburger Stadtzeitung
- Die Baumpaten und das ökologische Bewusstsein der Stadtzeitung (RKK)
- Serie III: Wie aus einer anderen Zeit
- Die Maulhelden und ihre Bücher
- Serie IV: In aller Herren Länder
- Serie V: Der Jahn von unten
- Die großartige Fußballkarriere der Stadtzeitung
- Die Stadtzeitung im Osten
- Der Mann, aus dem was wurde: Ulrich Lechte
- Die Frau, aus der was wurde: Juliette Greco
- Best-of Profile & Parolen
- Dauerkarte III: Unger, Unger immer wieder Unger!
- In & Out: Rückblick
- Der Veranstaltungsservice: Alles begann mit dem Bürgerfest
- Derblecken à la Regensburg
- Als der Papst kam
- Vom Sommerfest zum Truthahnfest
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- Wirbel um neue Taxi-App (Bürger, wehrt Euch!, Teil III)
- Außen pfui, innen – naja
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- Zwischen Knast und Freispruch (Korruptionsaffäre)
- Und sie schämen sich doch! (Bürger, wehrt Euch!, Teil II)
- Ein Mann und seine Welt
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- Nach Pleiten, Pech und Pannen: Showdown im Wolbergs-Prozess (Korruptionsaffäre)
- Grün kaputt in Kumpfmühl (Bürger, wehrt Euch!, Teil I)
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- Der gebrochene Mann (Korruptionsaffäre)
- Faule Tricks mit unseren Bäumen – kommt Stadthalle über die Hintertür? (RKK)
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- Gewogen und für zu leicht befunden? (Korruptionsaffäre)
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- Der Artikel, der bundesweit Wellen schlägt: Was ist los bei der Staatsanwaltschaft? (Korruptionsaffäre)
- Personalie Becker (Korruptionsaffäre)
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- Es bleibt – eine Tragödie (Korruptionsaffäre)
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- Bürger fordern: Stoppt das RKK-Monster! (RKK)
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- Neuer Ausschreibungsskandal um Mauschelein im Stadion? (Korruptionsaffäre)
- 600.000 Euro unterschlagen?
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- Joachim Wolbergs – eine Tragödie (Korruptionsaffäre)
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- Wolbergs-Affäre – Walter tritt aus SPD aus (Korruptionsaffäre)
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- Anklage da! (Korruptionsaffäre)
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- Wolbergs: Jetzt gehts los! (Korruptionsaffäre)
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- Extra-Wurst für den OB a.D. (Korruptionsaffäre)
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- Ein Mann und seine eigene Welt (Korruptionsaffäre)
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- gepostet am: Montag, 01. April 2019