Nachgefragt | Krachen bis zum Gehtnichtmehr?

Nachgefragt | Krachen bis zum Gehtnichtmehr?

Bildunterschrift: Am Himmel über Regensburg ziehen Wolken auf – das wird auch an Silvester so sein, wenn dichter Rauch das Firmament verdüstert. Nur über der Steinernen Brücke (rechts) bleibt die Sicht wohl einigermaßen klar – dort dürfen keine Kracher und Raketen abgeschossen werden.

 

- Anzeige -
Was in anderen Städten üblich ist, ist in Regensburg angeblich nicht durchsetzbar: Silvester wird es weiterhin kein Verbot für Böller geben / Stadt hofft auf freiwilligen Verzicht

Die Zahlen sind erschreckend: In der ersten Stunde des Jahres 2019 stieg die Feinstaubbelastung in Regensburg auf 241 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – das ist rund das Zehnfache des sonst üblichen Wertes in der Stadt! Der Grund dafür war leicht auszumachen – es war das Silvesterfeuerwerk, das überall in der Stadt zum Jahreswechsel abgebrannt worden war. Morgens um 8 Uhr sank der Wert wieder auf 22 Mikrogramm. 4500 Tonnen Feinstaub werden ganz Deutschland allein zu Neujahr in die Luft gejagt, das entspricht der Menge, die pro Jahr durch den Straßenverkehr entsteht!

Entsprechend viele sind gegen die Silvesterknaller. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Yougov“ sagten 61 Prozent der bundesweit Befragten, die Böller sollten in Innenstädten verboten werden. 60 Prozent sprachen sich dafür aus, dass es nur noch offizielle Feuerwerke gibt, 43 Prozent wollen Kracher und Raketen komplett verbieten lassen. Auch in unserer Stadt wurden Stimmen laut, die das Aus für das Geböllere forderten.

Stadt sieht keine Chance für Verbot

11 Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer: keine Rechtsgrundlage für ein Knallerverbot?

Doch die Stadt kommt dem nicht nach: Über ihre Pressestelle ließ Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer mitteilen, dass es nach „eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage“ keine Rechtsgrundlage dafür gebe, „ein Feuerwerksverbot für den gesamten Bereich der Altstadt oder größere Teile davon auszusprechen: In der Regensburger Altstadt befinden sich keine Anlagen oder Gebäude, für die im Rechtssinne eine besonders hohe Brandempfindlichkeit gilt.“

Im Klartext: Der komplette mittelalterliche Kern der Stadt ist angeblich brandtechnisch auf dem neuesten Stand. Ob das auch in den heruntergekommenen Häusern an der Grasgasse oder an der Thundorferstraße der Fall ist, wagen manche Regensburger allerdings zu bezweifeln. Erinnert sei auch an den Großbrand im Hotel Bischofshof in den Neunzigerjahren – nicht auszudenken, was passiert wäre, hätten die Flammen auf den nahegelegenen Dom übergegriffen!

Der Durchschnitt beim Feinstaub zählt

Doch mit der Haltung der Stadt bleibt lediglich die Steinerne Brücke aus Sicherheitsgründen gesperrt, dort gilt auch ein Feuerwerksverbot. Zudem dürfen Raketen und Kracher nicht in der Nähe von Krankenhäusern, Kirchen, Kinderund Altenheimen gezündet werden. Weitere Verbotszonen könnten nur eingerichtet werden, wenn Feuerwehr oder Polizei besondere Gefahren vorhersagen würden – das ist laut Aussage der Stadt nicht der Fall.

Nicht einmal die dramatische Luftverschmutzung mit den hohen Feinstaubwerten zum Jahreswechsel rechtfertige das Aus für die Böller: „Die Feinstaubbelastung in der Stadt Regensburg – dokumentiert durch das Landesamtfür Umwelt – liegt weit unter den für das gesetzlich maßgebliche Jahresmittel geltenden Grenzwerten“, so Stadtsprecherin Juliane von Roenne-Styra auf Anfrage der Regensburger Stadtzeitung.

Verbote in Landshut und Straubing

Jetzt haben aber Straubing und Landshut in ihren Innenstädten durchaus ein Knallerverbot erlassen. Warum geht in Niederbayern, was 40 oder 60 Kilometer entfernt in der Oberpfalz nicht geht? Roenne-Styra: „Es trifft zu, dass es in einigen anderen bayerischen Städten für bestimmte Teilbereiche des Stadtgebietes Feuerwerksverbote gibt. Diese basieren entweder auf den allgemeinen Sicherheitsrechten oder werden aus dem Sprengstoffrecht hergeleitet.“ Das sei in Regensburg eben nicht der Fall.

Die Polizei erachte lediglich die Steinerne Brücke als Sicherheitsrisiko, die Feuerwehr gehe wie erwähnt von keinen besonders brandempfindlichen Gebäuden in der Altstadt aus. Roenne-Styra: „Nur der guten Ordnung halber darf darauf hingewiesen werden, dass etwa auch München in einer entsprechenden Vorlage an den Stadtrat eindeutig nicht von einer besonderen Brandempfindlichkeit der Gebäude in der Münchner Innenstadt ausgeht.“

- Anzeige -

Freiwilliger Verzicht gefordert

Allerdings hofft die Stadt auch darauf, dass die Regensburger freiwillig auf das Abschießen von Raketen verzichten und will in diesem Monat dafür im Internet werben. Sie will auch im Städtetag darauf hinarbeiten, dass Städte künftig selbstständig über Feuerwerksverbote entscheiden können. Zum Jahreswechsel 2020/21 soll zudem eine Lichtshow der Stadt eine Alternative zum Feuerwerk bieten.

Schon seit rund 40 Jahren gibt es die Aktion „Brot statt Böller“ des evangelischen Hilfswerks Auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick fordert einen freiwilligen Verzicht: „Mit dem Geld für unnötigen Krach und Luftverschmutzung könnt ihr Menschen vor dem Hungertod retten“, schrieb er auf Facebook und Twitter. Die Wohlfahrtsverbände der Kirchen, Caritas und Diakonie würden die Spenden weiterleiten.

Tatsächlich sind Kracher, Böller und Raketen an Silvester auch in anderer Hinsicht nicht mehr zeitgemäß: Es passt einfach nicht zusammen, bei den „Fridays-for-Future“-Demonstrationen für den Klimawandel zu demonstrieren und dann munter für eine immense Feinstaubbelastung zu sorgen. (hk)

 


Die „Nachgefragt“-Reihe

Könnte Sie auch interessieren

  • gepostet am: Sonntag, 01. Dezember 2019

Magazin weitere Artikel

Vier Regensburger Rotary Clubs unterstützen regionale Projekte

Pressekonferenz im Alten Rathaus

Unter dem diesjährigen globalen Leit-Thema „Mental Health“ des derzeitigen Präsidenten Gordon McInally von Rotary International unterstützen die vier Regensburger Rotary Clubs regionale Projekte zur mentalen Gesundheit mit einem Fördervolumen von insgesamt 40.000 EUR.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Angstraum Bahnhof hautnah

Nachgefragt | Angstraum Bahnhof hautnah

Seit Jahren verkommt das Regensburger Bahnhofsviertel zum Angstraum. Die Polizei verspricht Besserung. Unser Redakteur war vor Ort, um sich selbst ein Bild zu machen.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Der Kaufhof macht zu – verödet jetzt der Neupfarrplatz noch mehr?

Nachgefragt | Der Kaufhof macht zu – verödet jetzt der Neupfarrplatz noch mehr?

Bis zum 31.08.2024 gibt der insolvente Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof insgesamt 16 Filialen in Deutschland auf und entlässt 1.400 Angestellte. Mit dabei: Regensburg Innenstadt.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Skandalurteile, Täternationalität, Angsträume – Regensburg aktuell

Nachgefragt | Skandalurteile, Täternationalität, Angsträume – Regensburg aktuell

Die Polizei versucht, sich bildende Angsträume sowie rechtsfreie Räume mit Drogendealern, Vergewaltigern und Banden von Migranten einzudämmen, während eine zu laxe Justiz die Bemühungen der Polizei eher hemmt.

>> weiterlesen

In & Out | Ruanda-Modell stoppt Migrantenflut

In & Out | Ruanda-Modell stoppt Migrantenflut

Die britische Regierung hat ihren Ruanda-Plan auf den Weg gebracht: Ab Juli werden alle illegalen Migranten, die auf der Insel anlanden unverzüglich in den afrikanischen Staat ausgeflogen.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Verschweigt die Polizei die Täternationalität?

Nachgefragt | Verschweigt die Polizei die Täternationalität?

Hat das Verschweigen der Täternationalität System? Wir haben aktuelle Presseberichte der Polizei unter die Lupe genommen.

>> weiterlesen

Der Arber Radmarathon 2024

Der Arber Radmarathon 2024

28.07.2024

Der 40. Arber Radmarathon wird in diesem Jahr am 28.07. stattfinden. Neu: Eine Gravelstrecke.

>> weiterlesen

Nachgefragt | IKEA – Schlächter der Karpaten?

Nachgefragt | IKEA – Schlächter der Karpaten?

Der Möbelriese IKEA ist wieder im Kreuzfeuer. Greenpeace hat den mutmaßlichen Kahlschlag in den Karpaten Osteuropas untersucht – der schwedische Konzern ist in Erklärungsnot. Was ist an den Vorwürfen dran?

>> weiterlesen

Eröffnung der Porsche Destination Regensburg

Eröffnung der Porsche Destination Regensburg

Ein Showroom für bis zu 17 Fahrzeuge, das erste Gebrauchtwagen-Loft in Deutschland in Kombination mit dem Destination Konzept für rund 30 Fahrzeuge und eine moderne Werkstatt mit 18 Arbeitsplätzen bilden die Grundsegmente des in U-Form angeordneten, viergliedrigen Gebäudes an der Franz-Josef-Strauß-Allee in Regensburg.

>> weiterlesen

Nachgefragt weitere Artikel

Nachgefragt | Angstraum Bahnhof hautnah

Nachgefragt | Angstraum Bahnhof hautnah

Seit Jahren verkommt das Regensburger Bahnhofsviertel zum Angstraum. Die Polizei verspricht Besserung. Unser Redakteur war vor Ort, um sich selbst ein Bild zu machen.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Der Kaufhof macht zu – verödet jetzt der Neupfarrplatz noch mehr?

Nachgefragt | Der Kaufhof macht zu – verödet jetzt der Neupfarrplatz noch mehr?

Bis zum 31.08.2024 gibt der insolvente Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof insgesamt 16 Filialen in Deutschland auf und entlässt 1.400 Angestellte. Mit dabei: Regensburg Innenstadt.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Skandalurteile, Täternationalität, Angsträume – Regensburg aktuell

Nachgefragt | Skandalurteile, Täternationalität, Angsträume – Regensburg aktuell

Die Polizei versucht, sich bildende Angsträume sowie rechtsfreie Räume mit Drogendealern, Vergewaltigern und Banden von Migranten einzudämmen, während eine zu laxe Justiz die Bemühungen der Polizei eher hemmt.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Verschweigt die Polizei die Täternationalität?

Nachgefragt | Verschweigt die Polizei die Täternationalität?

Hat das Verschweigen der Täternationalität System? Wir haben aktuelle Presseberichte der Polizei unter die Lupe genommen.

>> weiterlesen

Nachgefragt | IKEA – Schlächter der Karpaten?

Nachgefragt | IKEA – Schlächter der Karpaten?

Der Möbelriese IKEA ist wieder im Kreuzfeuer. Greenpeace hat den mutmaßlichen Kahlschlag in den Karpaten Osteuropas untersucht – der schwedische Konzern ist in Erklärungsnot. Was ist an den Vorwürfen dran?

>> weiterlesen

Nachgefragt | Dank großem Fahndungsdruck – Schmiererpärchen auf frischer Tat ertappt

Nachgefragt | Dank großem Fahndungsdruck – Schmiererpärchen auf frischer Tat ertappt

Am 12.04.2024 wurden zwei Regensburger Sprayer auf frischer Tat ertappt. Ein großer Erfolg im Kampf gegen die überbordenden Schmierereien in der Welterbestadt Regensburg! Welche Strafe erwartet die Sprayer? Welcher Nationalität gehören sie an? Wir haben nachgefragt.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Wer rettet Regensburg vor den Schmierern?

Nachgefragt | Wer rettet Regensburg vor den Schmierern?

Seit Jahren schon beherrschen die Schmierer die Welterbestadt Regensburg. Sogar vor denkmalgeschützten Gebäuden machen sie nicht halt.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Update: Die Katastrophen-Toilette Neupfarrplatz

Nachgefragt | Update: Die Katastrophen-Toilette Neupfarrplatz

Die öffentliche Toilette am Regensburger Neupfarrplatz ist regelmäßig auf die schlimmste Weise verschmutzt, überschwemmt oder einfach außer Betrieb.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Die Katastrophen-Toilette Neupfarrplatz

Nachgefragt | Die Katastrophen-Toilette Neupfarrplatz

Die öffentliche Toilette am Regensburger Neupfarrplatz ist nun schon seit einiger Zeit in dauerkatastrophalem Zustand: Sie ist regelmäßig auf die schlimmste Weise verschmutzt, überschwemmt oder einfach außer Betrieb.

>> weiterlesen

© Regensburger Stadtzeitung