Nachgefragt | Liebe, Bedingungslos

Nachgefragt | Liebe, Bedingungslos

Bildunterschrift: Anja Wolbergs, In Liebe, Jana! Ein Skandal und große Gefühle in Regensburg. 1. Auflage 2018, ISBN 978-3-86646-373-8, 16.90 Euro.

 

Was ist zu erwarten von einem Buch, das die Ehefrau eines Mannes schreibt, die ihn noch immer bedingungslos liebt, obwohl er sie längst wegen einer anderen verlassen hat? Nun ja: bedingungslose Liebe eben, und wenn der Mann Joachim Wolbergs heißt und sich das Buch mit dem Regensburger Korruptionsskandal beschäftigt, eine Verteidigungsschrift des Mannes und eine Anklageschrift gegen die Strafverfolger.

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Anja Wolbergs´ (48) Buch „In Liebe, Jana“ ist genau das. Zugleich aber die Beschreibung dessen, was sie und ihre Kinder in den letzten drei Jahren erlebten. Beginnend mit der Trennung im Herbst 2015 beschreibt sie den Fall des Oberbürgermeisters ins Bodenlose, während sie selbst versucht, die gemeinsamen Kinder zu schützen und ihren eigenen Schmerz zu verarbeiten.

Das macht sie im Wechsel der Erzählperspektive: Da gibt es neben der Ehefrau „Jana“ im Epizentrum des Bebens um „Jonas Wolter“ als Haupterzählerin auch das Über-Ich des Journalisten Georg Rummel, die wohl einzig fiktive Gestalt im Buch. Es ist eine sehr persönliche Geschichte, fehlende Objektivität ist zu erwarten, Unterstützung ohne kritische Distanz bis fast zur Selbstaufgabe hinzunehmen. Dass sich „Jana“ ihrem Ehemann „Jonas Wolters“ fast bis zur Unterwürfigkeit unterordnet – geschenkt.

Trotzdem enttäuscht das Buch bisweilen, im Text reihen sich zu viele Plattitüden aneinander („Wer aber seinen eigenen Wert kannte, musste sich nicht über andere definieren.“), an der Sprache zeigt sich oft, dass Anja Wolbergs ihr erstes Buch geschrieben hat. Schwächen sind auch zu erkennen, wenn es um die Hauptfigur des Journalisten Georg geht. Da wird an manchen Stellen ein Journalisten-Alltag beschrieben, wie ihn sich Außenstehende vorstellen – und eben nicht so, wie er ist.

 Es lässt sich auch darüber streiten, ob so viel Privates öffentlich ausgebreitet werden muss, wie das im dem Buch geschieht. Doch genau in diesem höchstpersönlichen Bereich gewinnt es seine Stärken. Wenn Anja Wolbergs die mitunter entwürdigende Behandlung durch Angehörige der Justiz beschreibt, was mit Menschen geschieht, die in die Mühlen der Strafverfolger geraten, erzeugt das große Empathie. Es wirkt erschreckend – und lässt zumindest innehalten. Diese Passagen sind die besten des Buches.

Ob Joachim Wolbergs völlig zu Unrecht Opfer der Staatsanwaltschaft geworden ist, wird der Prozess gegen ihn entscheiden, das Buch trägt weder wirklich Entlastendes noch Aufhellendes dazu bei. Wer aber wissen will, wie es Betroffenen im Zentrum eines Ermittlungsverfahren ergeht, sollte es lesen. (ssm)

 


 

Die „Nachgefragt“-Reihe

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