Nachgefragt | IKEA – Schlächter der Karpaten?

Nachgefragt | IKEA – Schlächter der Karpaten?

Was steckt hinter dem Nachhaltigkeitsversprechen von IKEA?

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Der Möbelriese IKEA ist wieder im Kreuzfeuer. Greenpeace hat den mutmaßlichen Kahlschlag in den Karpaten Osteuropas untersucht – der schwedische Konzern ist in Erklärungsnot. Was ist an den Vorwürfen dran? Wir haben nachgefragt.

Wird Nachhaltigkeit bei IKEA groß geschrieben?

In einer Gesellschaft, in der Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein immer größer geschrieben werden, verspricht auch IKEA, dass die Holzgewinnung nur minimalen Einfluss auf die Umwelt hat. Zusammen mit dem Forest Stewardship Council (FSC) und dem WWF arbeite IKEA an nachhaltiger und verantwortungsvoller Forstwirtschaft, wie man auf der Website lesen kann. Dem Kunden rät IKEA zu „Wiederverwenden“, „Weiterverkaufen“, „Reparieren“ und „Recyceln“. Immer wieder werden die grünen Ziele eines des größten Holzverbrauchers der Welt angeblich auf den Prüfstand gestellt.

Lässt sich IKEA von Kahlschlägern beliefern?

In einer Untersuchung vom 10.04.2024 holt Greenpeace zum Schlag gegen den Möbel-Giganten IKEA aus. Untersuchungsteams verfolgten die gesamte Lieferkette, von der Prüfung der Genehmigungen und Satellitenbildern von Abholzungsstandorten in den rumänischen Wäldern über die Holzlager und die Möbelhersteller bis hin zu den Regalen der IKEA-Einrichtungshäuser, wo die Produkte letztendlich landen. Laut Greenpeace beziehen mehrere der Hersteller Holz aus Wäldern mit hohem ökologischem Wert. Aus öffentlich zugänglichen Informationen gehe hervor, dass IKEA bei den meisten dieser Unternehmen der größte Abnehmer sei, weshalb die Wahrscheinlichkeit sehr groß sei, dass das umstrittene Holz für die Herstellung der Produkte des Möbelriesen verwendet werde. Selbst Natura-2000-Schutzgebiete seien nicht sicher vor einer systematischen Zerstörung – so Grennpeace.


Wie verstrickt ist IKEA in die Abholzung der letzten Urwälder Europas? (Symbolbild)
Bild: © pixabay

Das Problem ist nicht neu

Schon vor drei Jahren hat sich das ZDF mit den steigenden Zahlen der gerodeten Holzmassen in den Karpaten Osteuropas auseinandergesetzt (wir haben berichtet). Allerdings erläutert die Dokumentation, inwieweit systematisch Regeln zum Schutze des Waldes von den örtlichen Betrieben umgangen werden. Die Betriebe scheinen sich illegale Abholzungserlaubnisse von den zuständigen Forstbetrieben eingeholt zu haben, oftmals unter dem Deckmantel, kranke Bäume zu fällen, um Lebensraum zu erhalten. Augenzeugenberichten zufolge seien auch die Rodungsgrenzen überschritten worden. Das Geschäft mit dem Holz ist in der Ukraine und Rumänien ein lukrativer Markt und reicht von kleinen Waldunternehmen bis in hohe Kreise. Korruption müsse nicht lange gesucht werden, wie das ZDF berichtete.

Hehler-System bei den Holzzulieferern?

Die ARD befasste sich im Format „Kontraste“ mit weiteren fragwürdigen Aktivitäten in russischen Wäldern (wir haben berichtet). Auch dort sollen Bäume als krank deklariert und geschlagen werden. So erreiche man eine zehnmal größere Holzmenge als ursprünglich möglich. Dann werde das Holz zwischen den verschiedenen Firmen desselben Oligarchen verschoben und verkauft, bis die Spuren des Ursprunges verwischt sind; dann finde es seinen Weg nach Indonesien, wo IKEA-Möbel gefertigt werden.

 


Führen billige Möbel zu illegalen Rodungen? (Symbolbild)
Bild: © pixabay 

Wir konfrontieren IKEA mit den im Raum stehenden Vorwürfen. Wir wollen wissen:

  1. IKEA gibt sich in seiner Außenkommunikation umweltbewusst und nachhaltig. Gleichzeitig werden in den Karpaten wohl auch für den Holzbedarf von IKEA die letzten europäischen Urwälder zerstört. Schämen Sie sich nicht dafür?
  2. Gehört es zum Geschäftsmodell von IKEA, billige Massenprodukte durch illegale Holzwirtschaft zu ermöglichen?
  3. Korruption und mafiöse Strukturen sind laut ZDF bei der Holzgewinnung an der Tagesordnung. Lässt IKEA sich von seinen Zulieferern auf der Nase herumtanzen?
  4. Welche genauen Maßnahmen wird IKEA treffen, um die offenbar völlig außer Kontrolle geratenen Lieferketten wieder in den Griff zu bekommen?
  5. Das FSC-Siegel (Forest Stewardship Council) bietet viele Schlupflöcher für Umweltzerstörung und Raubbau in den Karpaten Osteuropas. Warum hält IKEA immer noch an diesem Siegel fest?
  6. Der durch die Herstellung von IKEA-Möbeln begangene Raubbau bedroht Natura-2000-Schutzgebiete. Warum sollte man das als IKEA-Kunde unterstützen?

IKEA antwortet:

Folgend finden Sie unsere Stellungnahme zu dem Bericht von Greenpeace.

Wir haben den Greenpeace-Bericht über Rumänien, der am 10. April veröffentlicht wurde, eingehend betrachtet. Und wir sagen in aller Deutlichkeit: Wir widersprechen der Darstellung in dem Bericht. Darin wird behauptet, dass Holz aus geschützten Urwäldern in IKEA Möbel verarbeitet wird. Wir können klar sagen, dass wir kein Holz aus geschützten Urwäldern in unseren Produkten tolerieren. Die im Greenpeace-Bericht beschriebenen Beschaffungspraktiken sind legal und entsprechen sowohl den lokalen als auch den EU-Vorschriften. Außerdem sind sie vom Forest Stewardship Council (FSC) zertifiziert.

Wir glauben, dass Sorgfalt und Schutz zwingend notwendig sind, um die natürliche Komplexität der artenreichen Wälder nicht zu beeinträchtigen, und begrüßen einen transparenten Dialog zu diesem Thema. Allerdings können wir die Behauptungen in diesem Bericht nicht akzeptieren, da offenbar Unklarheiten bestehen, die auf unterschiedlichen Auslegungen von „altbestehenden Wäldern“ und „Urwäldern“ beruhen.

Der Greenpeace-Bericht suggeriert, dass das Alter der Bäume das einzige Kriterium für die Definition von altbestehenden Wäldern ist. Tatsächlich gibt es jedoch mehrere Kriterien für diese Definition – das Alter ist eines davon. Nach dem nationalen Waldbewirtschaftungsstandard des FSC und der rumänischen Behörden gehören zu den Kriterien für die Definition von altbestehenden Wäldern unter anderem das Alter der Bäume, die Größe des Bestands mit alten Bäumen, die Artenzusammensetzung des Bestands, die Menge an Totholz, der Grad der Störung, z. B. durch menschliche Eingriffe, und vieles mehr.

Altbestehende Wälder sind eine Kategorie von Wäldern mit hohem Erhaltungswert (High Conservation Value Forests, HCVF). Diese Kategorie und Maßgabe ist auch Teil des IKEA Verhaltenskodex für Lieferanten (IWAY) in der Forstwirtschaft. IKEA akzeptiert kein Holz aus intakten Waldlandschaften oder anderen als Wälder mit hohem Erhaltungswert ausgewiesenen Gebieten, es sei denn, das Gebiet ist vom Forest Stewardship Council (FSC) zertifiziert. Da unser Holz FSC-zertifiziert ist, werden alle Lieferketten und Wälder jährlich von FSC-akkreditierten Zertifizierungsstellen überprüft – Chain-of-Custody- und Forstmanagement-Audits. Zusätzlich zu diesen Audits führt IKEA jedes Jahr mehrere Forstwirtschaftsaudits und Audits der Holzlieferkette durch.

IKEA geht nicht speziell auf unsere Fragen ein, sondern will uns mit einer allgemeinen, vorgefertigten Antwort abspeisen. Wir stellen unsere Fragen noch einmal.

IKEA schreibt:

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unser Statement mit unseren globalen Kolleg*innen in Schweden abgestimmt ist und wir keine weiteren Informationen dazu mit Ihnen teilen können.

IKEA Deutschland geht in Deckung

An differenzierte Antworten zu kommen, gestaltet sich schwierig. Die sehr allgemein gehaltenen Antworten sind gut durchdacht, aber scheinen vor allem Bereiche zu beleuchten, in welchen sich der Konzern sicher fühlt. Wie passen die angeblich so nachhaltigen IKEA-Massenprodukte und eine mutmaßlich korrupte Holzwirtschaft zusammen? Der Kunde sollte hier sein Urteil fällen. (lnw)

 


Die „Nachgefragt“-Reihe

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  • gepostet am: Mittwoch, 24. April 2024

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