Nachgefragt | Personalie Becker

Nachgefragt | Personalie Becker

Personalie Becker: Vertuschung des eigenen Versagens

Korruptionsaffäre: Der Stadtbau-Chef wird zum Bauernopfer einer völlig verfehlten Baupolitik der bunten Rathauskoalition.

Die Reaktion der Stadt ließ nicht lange auf sich warten: „Der Aufsichtsrat der Stadtbau Regensburg hat in einer außerordentlichen Sitzung am Samstag, 27. Oktober 2018, beschlossen, den im Jahre 2019 auslaufenden Vertrag des Geschäftsführers Joachim Becker nicht zu verlängern und ihn mit sofortiger Wirkung von seinen Dienstpflichten freizustellen.“ So stand es in einer Pressemitteilung, die die Stadt am 29. Oktober 2018 verbreitete. Nachfragen dazu beantwortet die amtierende Rathauschefin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, zugleich Vorsitzende des Stadtbau-Aufsichtsrats, nicht. Doch die Rathaus-Koalition deutet immer wieder geschickt an, Becker sei als Chef der Stadtbau zu wenig sozial gewesen. Der wahre Grund für die Entlassung des 56-Jährigen dürfte aber ein anderer sein: Er hatte es gewagt, die Bau- und Grundstückspolitik der Stadt anzugreifen.

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„Seit 1921 setzen wir uns dafür ein, die Wohn- und Lebensbedingungen in Regensburg zu verbessern. Dazu schaffen, pflegen und verwalten wir Immobilien mit der Absicht, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger mit adäquatem und zeitgemäßem Wohnraum zu versorgen und die Aufenthaltsqualität stetig zu verbessern“, heißt es im Leitbild der Stadtbau. Außerdem sollten alle „Entscheidungen im Unternehmen“ nach „wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten“ getroffen werden, wobei „Nachhaltigkeitsgesichtspunkte gleichwertig“ miteinbezogen werden. Und: Die GmbH will Mietpreise schaffen, „die auch für Menschen bezahlbar sind, die nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens stehen.“

Zu wirtschaftlich und zu wenig sozial?

Dieser Stadtbau stand Becker seit 2009 vor. Dass er wirtschaftlich gut gearbeitet hat, steht außer Zweifel: Ausweislich des Rechenschaftsberichts hat die städtische Tochter mit ihren 93 Mitarbeitern aus der Verwaltung ihrer 6832 Wohnungen im vergangenen Jahr 46 Millionen Euro Umsatz und einen Überschuss von 7,8 Millionen Euro erzielt, 2016 waren es 5,5 Millionen.

Bleiben die sozialen Gesichtspunkte und die bezahlbaren Wohnungen: Kritiker werfen Becker vor, dass er die zulässigen Mietpreiserhöhungen (maximal elf Prozent pro Jahr) bisweilen ausreize. Das soll die SPD so gestört haben, dass sie bereits 2014 den Vertrag mit Becker nicht mehr habe verlängern wollen. Und genau das soll ihm jetzt auch zum Verhängnis geworden sein.

Die Rathauschefin schweigt

Doch ist Becker wirklich so unsozial? Laut Rechenschaftsbericht liegen die Mieten der Stadtbau zwischen 11,70 Euro (alles pro Quadratmeter) für das Neubauapartment und 2,29 Euro für eine unsanierte Altbauwohnung im Kasernenviertel; im Schnitt sind es 6,63 Euro. 500 Euro für eine 75-Quadratmeter-Wohnung – ist das ein unbezahlbarer Mietpreis?

Die Regensburger Stadtzeitung will es genau wissen, hakt bei der Stellvertreterin des vom Dienst suspendierten Oberbürgermeisters nach. Doch auf die Anfrage zu den wahren Gründen für die Entlassung Beckers schweigt Gertrud Maltz-Schwarzfischer. Über ihre Pressestelle lässt sie bestellen: „Wir bitten um Verständnis, dass generell zu personellen Angelegenheiten keine weiteren Auskünfte erteilt werden.“

Auch Becker selbst will sich nicht groß äußern. Dem Bayerischen Rundfunk sagte er nur, dass er „nicht glücklich“ über die Entwicklung sei und dass er das Gefühl habe, ihm geschehe „Unrecht. Das befremdet mich sehr.“

War Becker nicht unterwürfig genug?

Dafür sprechen andere. Etwa ein Stadtbau-Aufsichtsrat. Er sagt der RSZ: „Becker hat alle Vorgaben des Aufsichtsrats erfüllt. Ihm ist kein einziges Dienstvergehen nachzusagen. Er war ihnen halt politisch nicht mehr genehm.“ Mit „ihnen“ meint er die bunte Koalition, die auch im Stadtbau-Aufsichtsrat die Mehrheit hat. Becker sei offenbar zu wenig unterwürfig gewesen.

CSU-Stadtrat Michael Lehner wird noch deutlicher: „Ich halte Becker für einen guten Geschäftsführer“, sagt er. „Ich habe ihn stets als hochmotivierten Mann kennengelernt. Den Vorwurf, er habe den sozialen Aspekt nicht forciert, kann ich nicht gelten lassen. Damit man sozial sein kann, braucht man Geld. Das wurde ihm versprochen, bekommen hat er es nicht.“

Tatsächlich hatte Joachim Wolbergs im Kommunalwahlkampf 2014 angekündigt, der Stadtbau jährlich bis zu zehn Millionen Euro zukommen zu lassen. Lehner: „Das wären 40 Millionen in vier Jahren gewesen. Wieviel hat er bekommen?“

Laut Becker lediglich 4,7 Millionen Euro als Kapitalrücklage. Das hat er in einer nichtöffentlichen Sitzung des Stadtbau-Aufsichtsrates bemängelt – wenig später kam die Entlassung. Lehner: „Vier Millionen, wie soll er da soziale Politik machen? Es ist nicht Becker, der keine soziale Politik gemacht hat, es war die bunte Koalition, die da nicht genügend gemacht hat. Die Entlassung Beckers ist nur die Vertuschung des eigenen Versagens.“

„Bauernopfer“ der von Joachim Wolbergs fortge­setzten Politik Schaidingers

Ein anderer Insider spricht am Stadtzeitungstelefon von einem „reinen Bauernopfer verfehlter Baupolitik“. Becker habe mit den „bestehenden Mitteln gute Wohnungswirtschaft“ betrieben. „Es war ja nicht seine Entscheidung, 2.000 Wohnungen am Nibelungenkasernen-Areal nicht für die Stadtbau zu bauen, sondern sie einem privaten Träger – nämlich Tretzel – zu geben“, so der hochrangige Politiker. Unter Wolbergs sei die „durchaus kritisch zu hinterfragende Baupolitik seines Vorgängers Schaidinger“ einfach weiter betrieben worden: Lieber private Bauträger zum Zug kommen lassen als die Stadtbau.

Dafür spräche auch das ominöse Treffen im Lieblingslokal des OB, dem Orphée, bei dem Wolbergs – was der bestreitet – und Wirtschaftsreferent Dieter Daminger Becker nach dessen Schilderungen davon zu überzeugen versuchten, dass es besser wäre, wenn die Stadtbau auf dem Areal der Nibelungenkaserne auf ihr zugesagte Baugrundstücke verzichten solle, weil mit ihnen ein Anbieter beruhigt werden sollte, der ursprünglich den Zuschlag für die Bebauung hätte bekommen sollen. Dieser Bauträger sei nach eigener Schilderung bei der von Wolbergs und Hartl initiierten Neuausschreibung des Baugeländes ausgebootet worden, die letztendlich laut Staatsanwaltschaft Beginn der Korruptionsaffäre war (alle Hintergründe hierzu finden Sie online).

Jedenfalls soll Becker auch angeprangert haben, dass unmittelbar nach der von Wolbergs gewonnenen Wahl, die Kooperation mit den hinlänglich bekannten Bauträgern verstärkt worden ist und die Stadtbau nur noch minderwertiger Baupartner gewesen sei. Spätestens das, so sind sich die Stadtzeitungsinformanten einig, habe ihn den Job gekostet.

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Wie die Stadt mit Geld und Menschen umgeht

Die Stelle des Geschäftsführers wird nun neu ausgeschrieben, Becker steht aber noch bis 30. September 2019 auf der Gehaltsliste – was für Lehner die Freistellung zusätzlich unverständlich macht: „Man schmeißt ihn raus, weil er nicht das richtige Parteibuch hat und stellt ihn frei bei einem Jahresgehalt von 190.000 Euro. Das ist nicht gerade ein vernünftiger Umgang mit öffentlichen Geldern.“

Fragwürdig ist aber auch der menschliche Umgang mit Becker. In einem Interview kurz nach seinem Amtsantritt hatte OB Joachim Wolbergs über Querdenker und kritische Geister in der Verwaltung gesagt: „Ich habe mich deswegen bemüht, mich mit Leuten zu umgeben, die mir im Zweifelsfall auch mal die Meinung sagen und mich auf meine Fehler hinweisen.“

Becker hat klare Position bezogen, seine Meinung gesagt. Die Konsequenz hat er nun zu spüren bekommen. Die Nachfrage zum Widerspruch zur Wolbergs-Aussage lässt Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer ebenfalls unbeantwortet: Die Stadtzeitung wollte von ihr wissen: „Als die Regenbogen-Koalition ins Rathaus einzog, wurde ein „menschlicherer Umgang mit den städtischen Mitarbeitern“ angekün­digt. Empfinden Sie den Umgang der Stadt mit Herrn Becker als besonders menschlich?“ Es kam lediglich die bereits bekannte Antwort: „Wir bitten um Verständnis, dass generell zu personellen Angelegenheiten keine weiteren Auskünfte erteilt werden.“ (ssm)

 


 

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