Profile & Parolen | Gregor Gysi

Profile & Parolen | Gregor Gysi

 

Nachname: Gysi
Vorname: Gregor Florian
Wohnort: Berlin
Geburtsort: Berlin
Alter: 75
Beruf: Anwalt, Politiker, Autor, Moderator, Familienvater



Am 06.12.2023 um 20 Uhr kam Gregor Gysi nach Regensburg ins Kolpinghaus und rezitierte aus seinen Büchern „Ein Leben ist zu wenig. Die Autobiographie.“ und „Was Politiker nicht sagen“. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt:

 

Was ist ihre Lieblingsanekdote aus Ihrem Leben als Politiker?

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Oh, da gibt es einige. Denken Sie an die kleinen Schlagabtausche um meine Redezeit mit Bundestagspräsident Prof. Lammert. Oder, dass ich dem damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble „androhte“, als an die Privatisierung von Straßen als Lösung für den Investitionsbedarf in die Infrastruktur gesehen wurde, die Straße zu kaufen, in der er wohnte, und diese umzubenennen, so dass er dann unter der Adresse „Zum Gysi Nr. 1“ zu erreichen gewesen wäre.

Was war bisher ihr Lieblingsberuf?

Das ist und bleibt der Anwaltsberuf. Man lernt dabei unsere Gesellschaft noch einmal auf eine ganz andere Weise kennen und zugleich schätzen, was den Rechtsstaat ausmacht.

Wie verträgt sich Beruf und Privatleben bei Ihnen?

Früher habe ich dem Beruf, also vor allem der Politik, zu häufig und zu intensiv den Vorrang gegeben, so dass für Familie und Freunde zu wenig Zeit blieb. Heute schreibe ich Hochzeitspaaren, für die ich um einen Glückwunsch gebeten werde, dass Politik zweifellos wichtig ist, aber die Liebe und die Kinder immer an erster Stelle stehen sollten.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an anderen Menschen und welche verachten Sie?

Ich schätze Aufrichtigkeit und die Fähigkeit, auch über sich selbst lachen zu können. Wenig anfangen kann ich mit Menschen, die verbissen, völlig humorfrei und dann auch noch rücksichtslos sind.

Wenn Sie Bundeskanzler wären, was wäre Ihre erste Amtshandlung?

Das Dienstzimmer umräumen. Wer das Alte belässt, bleibt wie das Alte.

Warum werden Abgeordnete nicht nach Professionalität aufgestellt?

Na ja. Um sich bei den Listenwahlen der Parteien durchzusetzen, muss man in den demokratischen Parteien schon ein gewisses Maß an Professionalität mitbringen. Und wenn man direkt in den Bundestag gewählt wird, heißt das auch, dass die Wählerinnen und Wähler einen mehrheitlich für fähig halten, dort etwas für sie zu erreichen. Problematischer scheint mir, dass der Bundestag nicht wirklich einen Querschnitt der Bevölkerung widerspiegelt. Es gibt da zu viele Beamte, auch Juristinnen, zu wenig Facharbeiter, Wissenschaftlerinnen, Künstler und Unternehmerinnen. Und DIE LINKE war die einzige Fraktion, in der es eine Abgeordnete gab, die zuvor Hartz-IV-Empfängerin war.

Warum wenden Sie sich in Talkshows vor allem an die Zuschauer und weniger an die Mitdiskutanten?

Die Menschen, mit denen ich in den Talk-Runden sitze, bekomme ich meist nicht überzeugt, bei den Zuschauerinnen und Zuschauern ist das eher möglich. Außerdem wird die Sendung ja nicht gemacht, damit wir im kleinen Kreis die gleichen Diskussionen führen wie im Bundestag, sondern damit sich die Menschen an den Bildschirmen eine Meinung bilden können. Mir geht es um die Veränderung des Zeitgeistes.

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Was ist die größte Enttäuschung des 20. Jahrhunderts?

Das Schlimmste waren der Holocaust und der 2. Weltkrieg. Wir müssen uns der deutschen Verantwortung dafür und der sich daraus ergebenden Verpflichtung, so etwas nie wieder zuzulassen, immer wieder neu stellen. Eine große Enttäuschung war auch, dass der Zusammenbruch des Staatssozialismus nicht genutzt wurde, um eine weltweite Friedensordnung zu errichten. Stattdessen hat die Unfähigkeit des Westens, mit dem Siegen aufhören zu können, letztlich den Keim dafür gelegt, dass heute das Recht des Stärkeren und damit Gewalt die internationalen Beziehungen bestimmen und sich die soziale Spaltung weltweit immer mehr vertieft.

Und des 21. Jahrhunderts?

Das ist ja noch jung. So wie sich die Entwicklung jetzt zeigt, ist zu befürchten, dass uns die größte Enttäuschung erst noch bevorsteht. Die fehlende Bereitschaft, den Klimaschutz, friedliche Konfliktlösungen und soziale Verantwortung im nationalen, europäischen und globalen Rahmen zusammenzudenken und entsprechend zu handeln, öffnet faschistischen Bewegungen einen gefährlich großen Raum. Es sieht so aus, als ob die Menschheit aus ihrer Geschichte deutlich zu wenig lernt.

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