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Karajan steigt ins Taxi. Der Taxifahrer fragt: „Wo soll‘s denn hingehn, Herr Direktor?“ Karajan ungeduldig: „Fahren Sie!!! Egal wohin! Ich dirigiere überall!“ Ist das ein Witz? Nein. Der Name Karajan macht den Witz zur Anekdote. Der Spötter, der die Anekdote erfunden hat, wollte sagen: Karajan ist eitel, Karajan ist unersättlich, Karajan ist größenwahnsinnig. Wohl auch: Karajan hat Humor. So wie der Erzähler oder Erfinder der Anekdote. Nachdem sie einmal oder hundertmal erzählt worden ist, hat sie jemand aufgeschrieben. Und hat dafür gesorgt, dass sie nicht wieder vergessen wird. Auch Karajan selbst hat dafür gesorgt. Von Tag zu Tag, da er berühmter wurde. Von Dirigat zu Dirigat, von Illustrierten-Porträt zu Illustrierten-Porträt stieg der Kurswert der Anekdote – und sank die Wahrscheinlichkeit, dass sie aus dem Gedächtnis der Kulturwelt wieder verschwand. Der Regisseur Joseph Berlinger hat sich durch die gesammelten Schätze von Musiker-Anekdoten gewühlt, hat seine liebsten ausgewählt, sie umgedichtet, neu erzählt und inszeniert. Natürlich hätte er sich statt Musiker-Anekdoten auch Kaminkehrer-Anekdoten zur Brust nehmen können. Oder Souffleusen-Anekdoten. Aber die Musiker-Anekdoten haben Berlinger am besten gefallen. Denn die Musik ist doch die schönste aller Künste. Und wer sie komponiert, interpretiert, rezensiert und rezipiert, wer sie spielt, wer sie singt, wer sie genießt, wen sie verstört, setzt sich allerlei Spott aus.